Das Gesetz zur Änderung des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes soll den Hessischen Städten und Gemeinden mehr Freiheiten bei der Vergabe von verkaufsoffenen Sonntagen geben.
Dies geschieht durch eine Neuregelung der Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen, sowie der Streichung des Erfordernis eines Sonderereignisses für einen verkaufsoffenen Sonntag.
Das ganze Gesetz finden Sie hier: Ladenöffnungsgesetz
Der Landtag wolle das folgende Gesetz beschließen:
Gesetz
zur Änderung des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes (HLöG)
Artikel 1
Änderung des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes (HLöG)
Das Hessische Ladenöffnungsgesetz (HLöG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. No- vember 2006 (GVBl. I S. 606), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Dezember 2012 (GVBl. S. 622), wird wie folgt geändert:
§ 6 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
„(6) Die Gemeinden sind berechtigt, im öffentlichen Interesse abweichend von § 3 Abs. 2 Nr. 1 die Öffnung von Verkaufsstellen an jährlich bis zu vier Sonn- oder Feiertagen frei- zugeben. Der Zeitraum, während dessen die Verkaufsstellen geöffnet sein dürfen, ist an- zugeben. Er darf sechs zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muss spätestens um 20 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen. Die Freiga- beentscheidung ist öffentlich bekannt zu machen. In der Bekanntgabe sind die Öffnungs- zeiten zu bestimmen. Die Gemeinden sollen sich vor einer Freigabeentscheidung mit den benachbarten Gemeinden abstimmen.“
§ 13 erhält folgende Fassung:
„§ 13
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Es tritt mit Ablauf des 31. De- zember 2024 außer Kraft.“
Artikel 2 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Allgemeines
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt dem Gesetzgeber die Aufgabe zu, ein Schutzkonzept aufzustellen und normativ umzusetzen (BVerfG 1 BvR 2857, 2858/07 Rn. 136). Dabei sind die verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 139 WRV i.V.m. Art. 140 GG sowie Art. 31 Hessische Verfassung als „objektivrechtlicher Schutzauftrag“ zu be- achten. Dies bedeutet, der Hessische Landtag kann im Hessischen Ladenöffnungsgesetz (HLöG) Regelungen zur Ausgestaltung der Sonn- und Feiertagsruhe treffen.
In der verwaltungsgerichtlichen Praxis sind zur bisherigen Regelungen des § 6 Abs. 1 HLöG bzw. ähnlich formulierter Regelungen anderer Bundesländer weitere Vorgaben aufgestellt wor- den, die Öffnung an Sonn- und Feiertagen sehr erschweren bzw. nahezu unmöglich machen. Mit der Neuregelung des § 6 Abs. 1 HLöG soll die landesrechtliche Ausgestaltung des Sonn- und Feiertagsschutzes unter die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gestellt werden.
Zu Nr. 1
Durch die Neufassung des § 6 Abs. 1 entfällt das Erfordernis eines Sonderereignisses, welches zu erheblichen Rechtsunsicherheiten für Kommunen und Veranstalter wie Gewerbekreise oder Unternehmen, die sich an den verkaufsoffenen Sonn- und Feiertagen beteiligt haben, geführt hat. Verschiedene Bundesländer verzichten auf eine Aufzählung, wie sie im Bundesladen- schlussgesetzes enthalten war. Maßstab einer Ladenöffnung an Sonn- bzw. Feiertagen soll viel- mehr ein öffentliches Interesse sein.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 1. Dezember 2009 (BVerfG 1 BvR 2857, 2858/07) festgestellt, dass dem Gesetzgeber ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zukommt. Auch das damalige streitgegenständliche Berliner Ladenöff- nungsgesetz verzichtet auf die Aufzählung von Sonderereignissen beinhaltet aber das Merkmal „öffentliches Interesse“.
Dem Sonntagsschutz, wie er in Art. 140 GG i.V.m. 139 WRV sowie in Art. 31 HV vorgesehen ist, wird mit der Begrenzung auf vier verkaufsoffene Sonntage umfassend Rechnung getragen. Bezüglich des Schutzes der Religionsausübung wird die Regelung beibehalten, dass die Sonn- tagsöffnung außerhalb der Zeiten der Hauptgottesdienste liegen soll. Auch die Regelung in § 6 Abs. 3 HLöG, wonach eine Ladenöffnung an den abschließend aufgeführten hohen Feiertagen unzulässig ist, bleibt zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der christli- chen Religionsgemeinschaften wie in der bisherigen Form bestehen.
Die Regelungen des Art. 140 GG i.V.m. 139 WRV sowie in Art. 31 HV sprechen auch nicht grundsätzlich gegen den Entfall des Erfordernisses eines Sonderereignisses. Dem Regel- Ausnahme-Verhältnis bei der sonn- und feiertäglichen Ladenöffnung ist durch die genannten Beschränkungen bezüglich des Umfangs, der Häufigkeit und der zeitlichen Ausdehnung der La- denöffnung umfassend Rechnung getragen. Insbesondere das zuletzt durch das Urteil des Bun- desverfassungsgerichts zum Berliner Ladenschluss (BVerfGE vom 1. Dezember 2009, Az. 1 BvR 2857/07 und 2858/07) statuierte Mindestschutzniveau bei der Sonntagsöffnung wurde ge- wahrt.
Die mit diesem Gesetz getroffene Abwägung des Sonntagsschutzes mit der Berufsfreiheit der Einzelhändler und Unternehmen (Art. 12 Abs. 1 GG) sowie der allgemeinen Handlungsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger (Art. 2 Abs. 1 GG) und dabei insbesondere der Verzicht auf das Sonderereignis wird zu mehr Rechtsicherheit und Transparenz bei der sonn- und feiertäglichen Ladenöffnung führen, ohne den verfassungsrechtlichen Sonntagsschutz in seinem Kern zu tan- gieren.
Zu Nr. 2
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes und das Außerkrafttreten des Gesetzes nach fünf Jahren. Auf diese Weise kann in einem absehbaren Zeitraum die Neuregelung des § 6 Abs. 1 HLöG einer Evaluierung unterzogen werden.
Problem
Das derzeit gültige Hessische Ladenöffnungsgesetz erlaubt es den Gemeinden, an vier Sonn- oder Feiertagen im Jahr für einen zeitlich begrenzten Zeitraum von maximal sechs zusammenhängenden Stunden verkaufsoffene Sonn- bzw. Feiertage zu veranstalten. Die Freigabe erfordert zudem ein Sonderereignis in Form von Märkten, Messen, örtlichen Fe- sten oder ähnlichen Veranstaltungen, so wie es bereits in § 14 Bundesladenschlussgesetz geregelt war. Das HLöG ist bis zum 31.12.2019 befristet.
Die Anwendung des § 6 HLöG, also die Ladenöffnung an weiteren Sonn-und Feiertagen, war in den letzten Jahren Gegenstand von verwaltungsgerichtlichen Verfahren und Ent- scheidungen. Dies hat zu erheblicher Rechtsunsicherheit für ausrichtende Kommunen, die Veranstalter und die Gewerbetreibenden geführt. Bis hin zu der Situation, dass eine Sonn- tagsöffnung, sobald sie beklagt ist, eigentlich nicht mehr stattfinden kann, während der Onlinehandel jederzeit „geöffnet“ hat. Damit verlieren Kommunen und Handel ein wichti- ges Marketinginstrument.
Lösung
Der Landesgesetzgeber nimmt seinen Gestaltungsspielraum wahr und regelt die Ladenöff- nung an Sonn- und Feiertagen neu. Dabei soll mit Blick auf den Schutz des Sonntages als Tag der Erholung, wie im Grundgesetz (Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV) sowie der Hessischen Verfassung (Art. 31 Hessische Verfassung) niedergelegt, grundsätzlich festge- halten werden. Dies betrifft insbesondere die Begrenzung auf vier Sonn- oder Feiertage im Jahr. Das Erfordernis eines Sonderereignisses (Märkte, Messen, örtliche Feste oder ähnli- chen Veranstaltungen) wird gestrichen. Maßstab einer ausnahmsweisen Sonn- oder Feier- tagsöffnung bildet ein öffentliches Interesse. Damit wird auch der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entsprochen.
Befristung
Das Gesetz wird auf den 31.12.2024 befristet.
Alternativen
Mit Blick auf das geänderte Konsumverhalten und die Notwendigkeit, die Innenstädte der hessischen Gemeinden auch in Zukunft wettbewerbsfähig gegenüber den Städten und Ge- meinden der Nachbarbundesländer sowie dem zunehmenden Internet- und Versandhandel zu halten, kommt eine restriktivere Anwendung des Sonntagsschutzes zur Problemlösung nicht in Betracht.
Eine denkbare vollständige Abschaffung der zahlenmäßigen Begrenzung von Sonn- und Feiertagsöffnungen ist mit Blick auf den verfassungsrechtlich normierten und einer voll- ständigen Freigabe entgegenstehenden Sonntagsschutz ebenfalls keine Alternative.
Finanzielle Auswirkungen
Keine.
Debatte im Hessischen Landtag:
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