Das Gesetz zur befristeten Flexibilisierung der Sonntagsöffnung in der Corona-Pandemie soll die maximale Anzahl der verkaufsoffenen Sonn- und Feiertagen auf acht Tage mit maximal zwei Adventssonntagen pro Jahr erhöhen. Dies soll allen voran der Stärkung der Hessischen Innenstädte in Zeiten der Corona-Pandemie dienen.
Auch ist hierfür der Wegfall des Erfordernisses eines Anlassereignisses vorgesehen.
Das ganze Gesetz finden Sie hier: Gesetz zur befristeten Flexibilisierung der Sonntagsöffnung
Der Landtag wolle das folgende Gesetz beschließen:
Gesetz
zur befristeten Flexibilisierung der Sonntagsöffnung in der Corona-Pandemie
Artikel 1
Änderung des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes (HLöG)
Das Hessische Ladenöffnungsgesetz (HLöG) in der Fassung vom 23. November 2006 (GVBl. I S. 606), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Dezember 2019 (GVBl. S. 434), wird wie folgt geändert:
Nach § 6 wird ein neuer § 6a eingefügt:
„§6a
Sonderregelung zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie
Zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie sind die Gemeinden berechtigt, abweichend von § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 zusätzlich die Öffnung von Verkaufsstellen an bis zu vier weiteren Sonn- oder Feiertagen freizugeben. Dabei können abweichend von § 6 Abs.1 Satz 3 zwei Ad- ventssonntage freigegeben werden. In diesen Fällen besteht ein öffentliches Interesse an der Öff- nung, sodass auf ein Anlassereignis auch aus Gründen des Infektionsschutzes verzichtet werden kann.“
Artikel 2 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft und am 30. Juni 2022 außer Kraft.
Allgemeines
Angesichts der Corona-Pandemie stehen die hessischen Innenstädte unter erheblichem zusätzli- chem Druck. Stationärer Einzelhandel und Gastronomie sind durch die Schließungen des ersten Lockdowns und die Auswirkungen des „November-Dezember-Lockdowns“ unverschuldet inwirtschaftliche Probleme geraten. Zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie und der Entzerrung von Besucherströmen kam deshalb die Idee, zusätzliche Sonntagsöffnungen zu ermög- lichen. Was einige Bundesländer unbürokratisch ermöglichen konnten, ist in Hessen aufgrund der restriktiven Gesetzeslage so nicht möglich. Insbesondere die Freigabe von Adventssonntagen oder der Verzicht auf ein Anlassereignis, was aus Gründen des Infektionsschutzes notwendig wäre, ist ohne Gesetzesänderung so nicht möglich.
Zu Art. 1
Um die angestrebte Lösung zu erreichen, wird der Spielraum der Gemeinden zur Genehmigung von verkaufsoffenen Sonntagen erweitert. Durch die weiterhin auf unbestimmte Zeit bestehenden Kontaktbeschränkungen ist die Durchführung von Anlassereignissen, die eine Voraussetzung für eine Sonntagsöffnung ist, nicht möglich. Da zusätzlich eine Dreimonatsfrist bei der Verkündung der Allgemeinverfügung gilt, die Regeln der Kontaktbeschränkungen aber so lange nicht vorher- sehbar sind, hilft der Verzicht auf das Anlassereignis bei der Planbarkeit. Deshalb wird für eine begrenzte Zeit das öffentliche Interesse an einer Sonntagsöffnung unterstellt. Dabei besteht das öffentliche Interesse aus Sicht des Gesetzgebers an einer belebten Innenstadt und dem Erhalt von Arbeitsplätzen und Einkaufsmöglichkeiten für breite Schichten der Bevölkerung. Die zusätzliche Ermöglichung, auch an zwei Adventssonntagen eine Öffnung zu ermöglichen, soll einen einma- ligen besonderen Beitrag zum Erhalt der örtlichen Struktur beitragen, wie er in anderen Bundes- ländern bereits überwiegend möglich ist.
Zu Art. 2
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes und das Außerkrafttreten des Gesetzes. Die Sonderregelung soll zunächst befristet gelten, um die Folgen der Corona-Pandemie abzumildern.
Problem
Die Corona-Pandemie führt zu erheblichen Umsatzeinbußen im stationären Einzelhandel und gefährdet lebendige Innenstädte und viele Arbeitsplätze.
Deshalb hat Bundeswirtschaftsminister Altmaier zuletzt appelliert, dass der Erhalt des sta- tionären Handels eine nationale, ja auch eine patriotische Aufgabe sei, und weiter erklärt: „Ich habe an alle Landesregierungen und Kommunen die Bitte gerichtet, mit den Öffnungs- zeiten möglichst großzügig und flexibel umzugehen. Und ich würde mir wünschen, dass das, was an Umsatzausfällen in diesem Jahr angefallen ist, über weitere verkaufsoffene Sonntage im nächsten Jahr wieder reingeholt werden kann.“
Auch der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al Wazir erklärte anlässlich der Einrichtung des „Bündnisses für die Innenstädte“, dass vitale und attraktive Zentren unerlässlich für die Lebensqualität in Hessens Kommunen seien.
Das derzeit gültige Hessische Ladenöffnungsgesetz erlaubt es den Gemeinden, an vier Sonn- oder Feiertagen im Jahr für einen zeitlich begrenzten Zeitraum von maximal sechs zusammenhängenden Stunden verkaufsoffene Sonn- bzw. Feiertage zu veranstalten. Die Freigabe erfordert zudem ein Sonderereignis in Form von Märkten, Messen, örtlichen Festen oder ähnlichen Veranstaltungen.
Aufgrund der Corona-Pandemie und der erlassenen Verordnungen zum Infektionsschutz sind jegliche Sonderereignisse seit März 2020 und auch auf absehbare Zeit im Jahr 2021 nicht durchführbar. Dazu kommt, dass das Hessische Ladenöffnungsgesetz verlangt, dass die Besucherströme des Sonderereignisses stärker sind als die des verkaufsoffenen Sonn- tags. Diese Vorgabe widerspricht aber den Notwendigkeiten einer Pandemiebekämpfung. Die Folge ist, dass eine Sonntagsöffnung derzeit nicht genehmigungsfähig ist, was dem öffentlichen Interesse an lebenswerten Innenstädten und ausreichend Arbeitsplätzen im Einzelhandel auch nach der Corona-Krise entgegensteht.
Dazu kommt, dass das geltende Ladenöffnungsgesetz in Hessen eine Öffnung an den Ad- ventssonntagen komplett ausschließt. Gerade aber zu dieser Zeit gibt es den Bedarf für weitere Öffnungen auch im kommenden Jahr im öffentlichen Interesse zum Erhalt von Arbeitsplätzen und Innenstädten und der Entzerrung von Besucherströmen.
Lösung
Der Landesgesetzgeber nimmt seinen Gestaltungsspielraum wahr und regelt die Ladenöff- nung befristet bis Juni 2022 anders als in der geltenden Rechtslage. Damit würde ein Signal der Unterstützung für den Erhalt von Arbeitsplätzen und lebenswerten Innenstädten gesendet und das Gesetz den Herausforderungen einer pandemischen Lage bzw. der Bewältigung der daraus entstandenen Krise des Einzelhandels geleistet. Dabei soll mit Blick auf den Schutz des Sonntages als Tag der Erholung, wie im Grundgesetz (Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV) sowie der Hessischen Verfassung (Art. 31 Hessische Verfassung) niedergelegt, grundsätzlich festgehalten werden. Dies betrifft insbesondere die einmalige Ausweitung auf acht Sonn- oder Feiertage bzw. maximal zwei Adventssonntage im Jahr. Das Erfordernis eines Sonderereignisses (Märkte, Messen, örtliche Feste oder ähnlichen Veranstaltungen) fällt weg, weil es der Pandemiebekämpfung widerspricht. Maßstab einer ausnahmsweisen Sonn- oder Feiertagsöffnung bildet ein öffentliches Interesse. Damit wird auch der verfas- sungsrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entsprochen.
Die befristet geltenden Maßnahmen werden Anfang 2022 evaluiert und auf ihre Wirksam- keit und rechtliche Tragfähigkeit überprüft und ggf. vom Gesetzgeber verlängert.
Befristung
Das Gesetz wird auf den 30. Juni 2022 befristet und läuft dann aus, sodass die bisherige Rechtslage wieder gilt.
Alternativen
Die Beibehaltung der bisherigen Regelung und die Inkaufnahme der fortgesetzten Krise des stationären Einzelhandels, der Verlust von Arbeitsplätzen und die Verödung der In- nenstädte.
Finanzielle Auswirkungen
Keine.
Debatte im Hessischen Landtag:
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