Die Landesregierung hat am 16. Dezember 2019 die Offenlegung (vom 3. Februar 2020 bis 24. April 2020) und Beteiligung zum Entwurf des neuen Landesentwicklungsplanes (LEP) (4. Änderung des LEP 2000) beschlossen. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die öffentliche Auslegung bis 12. Juni 2020 verlängert.
Teil der Änderungen ist, dass nun ausgehend vom Frankfurt-Rhein-Main eine östlich verlaufende „Entwicklungsachse Fulda“ definiert wird. Der Entwurf des LEPs trifft unter „4.2 Raumkategorien – Differenzierung der räumlichen Entwicklung“ Festlegungen zur Abgrenzung von Strukturräumen. Dabei werden vier Kategorien an Strukturräumen unterschieden, 1) dünnbesiedelter ländlicher Raum (DLR), 2) Ländlicher Raum mit Verdichtungsansätzen (LRV), 3) Verdichteter Raum (VR), 4) Hochverdichteter Raum (HVR).
In der Begründung zu 4.2.1-5 bis 4.2.1-6 des LEP-Entwurfes wird das Kriterium „Einwohner-Arbeitsplatz- Dichte“ (EAD), errechnet aus der Summe der Einwohner und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ohne primären Sektor pro km2, zur Abgrenzung der Strukturräume beschrieben und Schwellenwerte benannt. Eine Begründung für die Festlegung der Schwellenwerte der jeweiligen Strukturräume wurde nicht gegeben.
Die Gemeinden Neuhof, Flieden und Eichenzell werden im Entwurf des LEPs der Strukturraumkategorie „Verdichteter Raum“ (VR) zugeordnet. Die drei Gemeinden erreichen den entsprechenden Schwellwert von über 300 bzgl. der „Einwohner-Arbeitsplatz-Dichte“ jedoch nicht. Tatsächlich erreicht Neuhof nur einen Wert von 153, Flieden von 208 und Eichenzell von 276. Aufgrund dieses Kriteriums müsste eine Einstufung in der Strukturraumkategorie „Ländlicher Raum mit Verdichtungsansätzen (LRV) (Schwellwert 150-300) erfolgen. Im Fall der Gemeinde Neuhof wird also sogar der Schwellwert für den LRV nur knapp erreicht.
Im Entwurf des LEPs werden neben der Einwohner-Arbeitsplatz-Dichte ergänzend weitere Kriterien zur Abgrenzung der Strukturräume herangezogen, nämlich a) die erwartete Bevölkerungsentwicklung, b) die Ausprägung der Siedlungsstruktur und c) die Lage an überregionalen Entwicklungsachsen.
Bezüglich der Bevölkerungsentwicklung prognostiziert die Hessen-Agentur für Neuhof einen Bevölkerungsrückgang bis zum Jahr 2035 von minus 4,3 %. Für Flieden wird ebenfalls ein Rückgang der Bevölkerung (-2,9 %) vorausgesagt. Lediglich für Eichenzell wird ein geringer Anstieg (2,0 %) erwartet. Auch die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung gibt folglich keine Anhaltspunkte, um eine Einstufung in der Strukturraumkategorie „Verdichteter Raum“ zu rechtfertigen.
Für die Siedlungsstruktur ist das Verhältnis von Siedlungs- und Verkehrsfläche zur Gesamtfläche maßgeblich. Der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche der Gemeinde Neuhof beträgt lediglich 11,8 %, in Flieden liegt der Anteil bei 16,9 % und in Eichenzell bei 19,8 %. Die Kennzahlen der Siedlungsstruktur der drei Gemeinden lassen keine Zuordnung zum „Verdichteten Raum“ zu, der einen Wert von mindestens 20 % voraussetzt.
In Bezug auf die Lage an überregionalen Entwicklungsachsen ist festzustellen, dass der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur (Fertigstellung der A 66 und Aus- und Neubau der ICE-Bahnstrecke Hanau-Fulda) im LEP- Entwurf genannt wird. Die Fertigstellung der A 66 liegt jedoch bereits Jahre zurück und trotzdem wird der Schwellwert bzgl. der EAD von keiner der drei Gemeinden erreicht. Die ICE-Strecke Fulda-Hanau durchläuft zwar die Gemeinden, Zwischenhalte der ICE-Züge sind hier jedoch weder möglich noch geplant, sodass davon keine Entwicklungsimpulse ausgehen können.
Bemerkenswert ist, dass Gemeinden, die ebenfalls an Entwicklungsachsen, wie beispielsweise an den Bundesautobahnen A 7, A 5, A 49 und A 44, nicht als „Verdichteter Raum“ hochgestuft wurden. Im Vergleich mit anderen Regionen wird zudem deutlich, dass dort Städte (z.B. die nordhessischen Kreisstädte Bad Hersfeld, Eschwege und Korbach) den Schwellwert 300 der „Einwohner-Arbeitsplatz-Dichte“ überschreiten, aber trotzdem nicht entsprechend als „Verdichteter Raum“ eingestuft werden.
Wenn argumentiert wird, dass Insellagen vermieden werden sollen und deshalb „höherwertige“ Städte an die angrenzenden ländlichen Regionen angepasst werden, dann müsste diese Logik auch in Bezug auf die Stadtregion Fulda angewendet werden.
Hier finden Sie die Anfrage: KA_20:02963_Landesentwicklungsplan – Entwicklungsachse Fulda und Flieden