Frage:
Herr Präsident, ich konnte mir die Nachfrage sparen, weil die Frage 438 denselben Komplex betrifft. – Ich frage die Landesregierung: Wie steht sie zum gescheiterten Kompromissvorschlag zum Bußgeldkatalog im Bundesrat?
Antwort:
Sehr geehrter Herr Abgeordneter, das Problem ist, dass es mehrere Kompromissvorschläge gibt, die allesamt gescheitert sind. Es gab den Kompromissvorschlag, der im Umweltausschuss des Bundesrats eine Mehrheit gefunden hat. Er hat dafür plädiert, den Formfehler im Einleitungsteil der StVO-Novelle, also das Zitiergebot, zu heilen und die Novelle ansonsten unverändert in Kraft zu setzen. Dazu gab es am Ende keine Einigkeit zwischen den unterschiedlichen Farben, wenn ich das einmal so nennen darf. Unter anderem haben die drei Länder, die FDP-Kollegen im Verkehrsministerium haben, dem nicht zugestimmt. Das wissen Sie sicher. Auch die Hessische Landesregierung hat sich im Bundesratsplenum enthalten.
Es gab den Vorschlag des Verkehrs- und des Innenausschusses, eine andere ergänzte Eingangsformel zu erlassen und Fahrverbote nur bei besonderen Gefahrstellen vorzusehen. Er hat keine Mehrheit gefunden. Außerdem gab es den Vorschlag des Saarlandes, die Schwellen, ab denen Fahrverbote erlassen werden, kilometermäßig zu erhöhen. Das hat am Ende auch keine Mehrheit gefunden.
Das heißt, wir sind an dieser Stelle in einer verfahrenen Situation, weil die Einigkeit, die es ursprünglich einmal gab – die ursprüngliche StVO-Novelle wurde nach meiner Erinnerung einstimmig oder von 15 Ländern im Bundesrat so beschlossen und am Ende von der Bundesregierung verkündet –, nicht mehr da ist. Das Ganze steht aber eigentlich nur deshalb noch zur Diskussion, weil das Zitiergebot beim Verordnungsentwurf nicht beachtet wurde. Deswegen haben wir die Situation, dass es eine außer Kraft gesetzte Novelle gibt und wir momentan mit dem alten Recht leben.
Nachfrage:
Ich will die Beantwortung nicht in Zweifel ziehen. Es war natürlich der letzte Kompromissvorschlag gemeint. Ich will da nicht weiter nachfragen, aber mich würde interes- sieren, ob Sie nach wie vor die Auffassung vertreten, dass das, was gescheitert ist, der ursprüngliche Entwurf, nach wie vor Ihr Favorit wäre. Das entnehme ich Ihren Antworten.
Antwort:
Wir haben im April fast einstimmig, auch mit Zustimmung der Hessischen Landesregierung, den Ursprungsentwurf beschlossen. In dem war der Formfehler enthalten. Dieser ist ursprünglich einmal vom Bundesverkehrsministerium begangen worden. Ich muss aber ehrlicherweise sagen: Er ist auch keinem anderen aufgefallen, wahrscheinlich, weil er so offensichtlich war, dass ihn alle übersehen haben. Sie kennen das mit dem berühmten lila Elefanten im Raum. Im Nachhinein fragen sich in 17 Ministerien und im Bundeskanzleramt die Leute, wie man das Zitiergebot übersehen konnte, also die Rechtsgrundlage, auf der man eine Verordnung erlässt.
Aus meiner Sicht ist das Ursprungsziel der Novelle ein anderes. Das Ursprungsziel ist der besondere und bessere Schutz vor allem von Fußgängerinnen und Fußgängern und Radfahrerinnen und Radfahrern. Es ist sehr bedauerlich, dass wir da immer noch in einem solch schwebenden Zustand sind.
Die Debatte begann in dem Moment, als manche in der Öffentlichkeit wohl erstmals merkten, dass damit auch eine Erhöhung der Bußgelder bei Tempoüberschreitungen und eine Reduzierung der Grenze verbunden sind, ab wann es ein Fahrverbot für Autofahrerinnen und Autofahrern bei Geschwindigkeitsverstößen gibt. Deswegen sage ich – das merken Sie daran, wie ich hier antworte –: Ich habe die Kollegin aus dem Saarland, die Kollegin Rehlinger, ausdrücklich ermutigt, in einen Kompromiss zu gehen, das ein bisschen aufzuweichen bei den Geschwindigkeitsüberschreitungen, ab wann ein Fahrverbot fällig ist, und im Gegenzug Bußgelder zu erhöhen. – Auch das fand am Ende in den unterschiedlichen Gruppen leider keine Mehrheit, und in der Situation sind wir jetzt.
Nachfrage:
Herr Minister, seien Sie mir nicht böse, aber es ist wirklich schwer, eine einfache Antwort auf eine einfache Frage zu bekommen. Es ist eine politische Frage: Der ursprüngliche Entwurf, über den wir die ganze Zeit reden, ist Ihnen vom Inhalt her der liebste, ja oder nein? Dass es Kompromiss- vorschläge gab, will ich nicht in Abrede stellen, weil wir in der Politik immer Kompromisse machen wollen. Ich wollte von Ihnen eigentlich eine politische Antwort auf eine einfache Frage.
Antwort:
Mir ist er der liebste; eine Mehrheit dafür gibt es nicht mehr.