Auto, Verkehr

Verfahren zur Festlegung der Prioritäten im Bereich des Neu- und Ausbaus der Bundesfern- und Landesstraßen

Frage:

Ist es ihre Absicht, durch die Nachforderung zusätzlicher Beschlüsse der betroffenen Gebietskörperschaften seit Jahren laufende Planungsverfahren für Bundesstraßen im vordringlichen Bedarf infrage zu stellen, obwohl, wie im Fall der B 254 Ortsumfahrung Lauterbach, der Ministerpräsident den Bau der Straße öffentlich zugesagt hatte?

Antwort:

Sehr geehrter Herr Abg. Naas, jahrelang wurde parteiübergreifend gefordert, dass Bundesmittel, insbesondere solche investiver Art, nicht mehr nach Himmelsrichtung, sondern nach Bedarf vergeben werden. Wir waren da erfolgreich, deswegen sind im Bundesverkehrswegeplan 2030 deutlich mehr hessische Straßenprojekte enthalten als im Bundes- verkehrswegeplan 2003.

Gleichzeitig gibt es einen angestiegenen hohen Erhaltungsbedarf. Naturgemäß sind die Planungskapazitäten bei Hessen Mobil begrenzt. Deswegen erfordern die Vorhaben des Neu- und Ausbaus im Bereich der Bundesfern- und auch Landesstraßen eine Priorisierung. Maßgeblich für die Bear- beitungspriorität ist die Zustimmung der betroffenen kom- munalen Gebietskörperschaften in der Region. Um die zu- künftigen Bearbeitungsprioritäten für die Vorhaben des Neu- und Ausbaus festlegen zu können, habe ich die betroffenen Kommunen um ein entsprechendes Votum gebeten. Das Anhörungsverfahren – auch dies ist Teil des Planungsverfahrens – für die Ortsumgehung für Lauterbach und Wartenberg wird derzeit mit unveränderter Intensität fortgeführt.

Nachfrage:

Vielen Dank, Herr Minister, Ich darf noch einmal fragen: Welche zeitliche Differenzierung besteht denn zwischen einer prioritären Planung und einer Planung als Dienst nach Vorschrift?

Antwort:

Es gibt keinen Dienst nach Vorschrift, jedenfalls nicht bei uns. Vielmehr ist es so, dass im Bundesverkehrswegeplan 2030 knapp 100 Projekte im Neubau enthalten sind oder auch in der Erhaltung. Das wird erstens nach Priorität umgesetzt – wenn jetzt konkret an der Salzbachtalbrücke oder an der Bergshäuser Brücke oder an der Brücke in Thalaubach ein Problem besteht, wird das natürlich mit allerhöchster Priorität gemacht, weil da teilweise schon Sperrungen von zumindest einzelnen Spuren vorhanden sind. Dann wird prioritär die nächste Kategorie bearbeitet, nämlich dort, wo es schon Vorarbeiten gibt, also schon Planungen und Vorentwürfe gemacht sind, man sich vielleicht schon im Planfeststellungsverfahren befindet. In die dritte Kategorie fallen die Straßen, bei denen es noch keine Vor- arbeiten gibt. In Sachen Wartenberg gibt es Vorarbeiten, deswegen fällt es in Kategorie 2.

Es gilt allerdings der Grundsatz, dass man keine Priorisierung in den nächsten Schritten in der Bearbeitung vornimmt, wenn die Umgehungsstraße vor Ort gar nicht gewünscht ist. Nun haben wir in Sachen Wartenberg und Lauterbach unterschiedliche Entscheidungen – die Stadtverordnetenversammlung in Lauterbach will sie mehrheitlich, Wartenberg nicht –, weswegen ich die Frage gestellt habe, was der Wunsch der Kommunen ist. Das ist auch nichts Neues, Herr Naas.

Nachfrage:

Ich komme noch einmal auf die B 254 Ortsumgehung Lauterbach zurück. Herr Al-Wazir, wünschen Sie als Wirtschafts- und Verkehrsminister in Hessen persönlich die Realisierung dieser Ortsumfahrung?

Antwort:

Wie sagte ein berühmter Frankfurter Philosoph, der auch eine große Fußballmannschaft trainiert hat: Lebbe ist kein Wunschkonzert. – Deswegen halte ich mich an dieser Stelle an den Bundesverkehrswegeplan. Ich will hierzu ausdrücklich sagen, dass sie hier im Vordringlichen Bedarf enthalten ist. Da wir an dieser Stelle in Auftragsverwaltung tätig sind, sagen wir natürlich, dass wir die Sachen machen, für die der Bund uns beauftragt. Gleichzeitig gibt es gute Gründe für eine Priorität, und die Lage vor Ort hat immer schon eine Rolle gespielt.

Ich will Ihnen einmal ein Beispiel aus der Vergangenheit nennen. Im Juli 2011 hat mein geschätzter Amtsvorvorgänger Dieter Posch an den damaligen Bundesverkehrsminister Ramsauer folgenden Brief geschrieben – ich nenne nur eine Straße daraus, er hatte mehrere erwähnt:

Betrifft: B 45 Ortsumgehung Erbach. Für die Orts- umgehung Erbach, Kosten ca. 49,1 Millionen €, wurde im Jahr 2007 das Planfeststellungsverfahren eingeleitet. Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Erbach hat sich mit Beschluss vom 15. März 2011 gegen eine Fortführung der Planung der Ortsumgehung Erbach ausgesprochen. Aus diesem Grund beabsichtigt das Land Hessen, die Planungen bzw. die Planfeststellungsverfahren zu den oben ge- nannten Maßnahmen einzustellen.

Das würde ich niemals tun.